Parlamentarismus in Puchenau
Parlamentarismus in Puchenau
Vorweg eine klare Feststellung: Gemeinderätinnen und Gemeinderäte haben sich an die Gesetze zu halten. Darüber hinaus haben sie auch für das Gemeinwohl Sorge zu tragen. Den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten haben die Bürgerinnen und Bürger durch die Gemeinderatswahl den Auftrag erteilt, ihre Arbeit zum Wohle der Gemeinde auszuführen.
Der Inhalt dieser einführenden Worte steht für mich außer Frage. Es wird für mich bedenklich, wenn ich als Zuhörerin an einer Gemeinderatssitzung teilnehme, bei der die ÖVP-Mehrheit mit Unterstützung der freiheitlichen Mandatare Entscheidungen trifft, die zwar auf dem Gesetz fußen, das Wohl der Bürgerinnen und Bürger aber hintanstellen. Es stimmt natürlich, wie ein Gemeinderat der FPÖ meinte, dass die Gemeinderäte/-rätinnen sich an das Gesetz halten müssen. Wäre es jedoch nicht sinnvoll, vorher mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern zu reden? Wäre es nicht sinnvoll, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen und den Fall zu diskutieren, damit alle sich nachher in den Spiegel schauen können? Ist der Gemeinderat moralisch nicht verpflichtet, auf das Wohl seiner Bürgerinnen und Bürger zu achten? Warum heften politische Parteien sich das „Miteinander“ groß auf ihre Fahnen, wenn letztendlich in Wirklichkeit das „Drüberfahren“ in den Mittelpunkt gestellt wird und nicht der Mensch?
Doch alles der Reihe nach:
Wie Sie bereits den Medien und auch dem Gemeindeprotokoll entnehmen können, baut die Firma „Compact“ im Rehgraben ein Projekt mit ursprünglich acht und jetzt nur mehr sechs Wohneinheiten. Die Anrainer/-innen haben nichts dagegen, dass gebaut wird – nur soll sich das Projekt der Umgebung anpassen. Die ausführende Architektin dieses Bauprojekts ist das ÖVP-Bauausschussmitglied Arch. DI Domenig-Meisinger, deren Arbeit ich durchaus schätze. Die Anrainer/-innen sind zufällig darauf gestoßen, dass dieses Projekt bald realisiert werden soll. Die Architektin stellte das circa 3-Millionen-Euro-Projekt in einer Bauausschusssitzung unter dem Punkt „Allfälliges“ vor und erwähnte, dass die „Planung sich ändern wird“, erklärte ein Gemeinderat aus den Reihen der Grünen. Der Planungsbeirat des Landes Oberösterreich wurde ersucht, das Bauprojekt zu begutachten. Dieser wies in seiner ersten Stellungnahme darauf hin, dass das Bauobjekt „eine völlige fremdartige Verdichtung aufweist“ und die „Abstände zu den Grundgrenzen spürbar zu vergrößern“ seien.
Das Projekt wurde wie folgt geändert: Es werde ein Stockwerk weniger aufweisen und das gesamte Projekt solle noch näher an die Anrainergrenzen gerückt werden, und zwar auf 3,3 Meter. Der Planungsbeirat des Landes Oberösterreich stellte einen positiven Bescheid aus, obwohl die Objekte sich optisch nicht wesentlich von der ersten Planung unterscheiden.
Die Anrainer/-innen sprachen rechtzeitig bei Bürgermeister Wolfgang Haderer vor, ob er einen Antrag auf Erklärung zum Neuplanungsgebiet einbringen könne. Er tat dies nicht, weil er Angst hatte, dass der „Bauträger die Gemeinde verklagt“, so seine Erklärung im Gemeinderat. Die Bauverhandlung wurde durchgeführt, der Herr Bürgermeister stellte die Baugenehmigung aus. Die Anrainer/-innen erhoben Einspruch dagegen. In der Sitzung der Baubehörde erhielten die Anrainer/-innen die Möglichkeit, eine Sachverhaltsdarstellung einzubringen. Zunächst wollte Bürgermeister Haderer sie nicht einmal den Beamer verwenden lassen. Durch Intervention von SPÖ-Fraktionsobmann DI Dr. Florian Zwettler – „gleiches Recht für alle Gemeindebürger/-innen“ – gab jener schließlich nach und erlaubte den Anrainern/Anrainerinnen, ihre Präsentation mit Bild durchzuführen. In der ersten geheimen Abstimmung wurde dem Antrag des Bürgermeisters, den Einspruch der Anrainer/-innen abzulehnen, nicht stattgegeben. In der darauffolgenden Gemeinderatssitzung am 16. Jänner wurde über den wortgleichen Antrag noch einmal abgestimmt, und diesmal wurde ihm stattgegeben. Für mich war dabei bedenklich, dass ein FPÖ-Gemeinderat alle Gemeinderäte/-rätinnen ersucht hat, ihre Stimmzettel mit ihrem Namen zu versehen, falls – so sinngemäß – der Bauträger die Gemeinde verklagen sollte. Damit könne überprüft werden, welcher Gemeinderat bzw. Gemeinderätin wie abgestimmt hat. Hier wird eine geheime Abstimmung ad absurdum geführt. Haben nun die freiheitlichen und christlich-sozialen Gemeinderäte/-rätinnen ihre Stimmzettel mit ihren Namen versehen? Wird so der Klubzwang kontrolliert?
Architekt Tischler und die SPÖ haben vorgeschlagen, dass der Bauträger und die Anrainer/-innen sich zusammensetzen sollen, damit eine tragbare Lösung zu diesem Bauvorhaben gefunden werden kann. Dieser Vorschlag wurde mit den Stimmen der FPÖ und ÖVP abgelehnt.
Ist es so schwer, mit Herrn Holzhaider vom Bauunternehmen „Holzhaider“, Miteigentümer von „Compact“, in Verbindung zu treten? Es wäre schön, wenn jemand von diesem renommierten oberösterreichischen Unternehmen doch noch mit den Anrainern/Anrainerinnen sprechen würde. Wer weiß, vielleicht findet man gemeinsam eine Lösung.